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Texte von Björn Ziegert

Martin Walser, Motivprojekt

In den letzten Wochen haben wir einige Zuschriften erhalten, die sich sowohl auf Walser, als auch auf den Briefwechsel beziehen. Da wir mit dem Walser-Projekt eine Art von Motivforschung betreiben wollen, die eine psychische longue durée im Blick hat, und uns eine Pro-Contra-Walser-Debatte nicht interessiert, veröffentlichen wir die restlichen Briefe hier im Blog, wobei wir die abgestellte Kommentarfunktion zu entschuldigen bitten (Der Titel der Kategorie lautet ‚Walser-Projekt‘. Es sei hier vermerkt, daß alle Rechte Walsers aus der Bielefelder Zeit unberührt bleiben, und wir bitten Herrn Walser erneut, von einem diesbezüglichen Briefwechsel abzusehen).
Für heute reichen wir eine kurze Replik auf Sitkas Kommentar zu dem Brief II/1982 nach.

II/1982,4: Sie scheinen aus dem Auge zu verlieren, daß es im Herbst 1981 schon eine Lesung in Dulsberg gegeben hat, und die „vermeintliche Euphrodisiaktose“ keineswegs meine übliche Schublade für Walser ist. Während ich die 82er Lesung nur aus den Briefen kenne, habe ich inzwischen mit vier Menschen gesprochen, die persönlich im Oktober 81 in Dulsberg waren. Jeder einzelne berichtet von Walsers zentralem „Ich fü – ühle!“, und daß auch das wiederholte „Ja, sogar!“ den Vortrag prägte. So gibt es – anders als bei der 82er Lesung – sehr wohl eine fortgeführte Linie in der Form und im Inhalt. Was nun das Motiv des Geheimrats betrifft, sehe ich nicht, warum ein veränderter Textkörper eine zuvor getroffene Aussage ‚ungeschehen‘ machen sollte. Im Herbst 81 lautete der Absatz noch: „Als ich für die Ermattung, die mich ergriffen hatte, belgische Hornspäne aß, da sah ich mich, ja, ich erträumte mich als Geheimrat. So wie er es war. Und wer wollte es mir nun verwehren, wenn ich, so wie er, die Zunge durch meinen Gießkannenmund nach außen schieben, und ausgesucht Junges, und schließlich die ganze Welt belecken würde.“

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