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Texte von Björn Ziegert

Aquariengespräche

Warum ich hier bleibe?
Schwimm mal her und sei ganz still
Schau durch diese Scheibe
Das da vorne ist ein Grill

Schreckliches ist dort geschehen
Qualen, Tod und Feuer
Alles habe ich gesehen
Auch die Ungeheuer

Wenn sie wieder Fische quälen
singe ich ein Lied
So kann man die Tage zählen
bis zum Suizid

3 Kommentare

Wenn's Goldfischglas wird leergeräumt
Hat man beim LIDL was versäumt
Normal isst man nur abgepackt
Doch diese Lage ist vertrackt:
Kein Fisch im Haus beim Gartenfest?
"Dann machen wir uns an den Rest..."

ach wie elend diese aussicht,
ach wie elend dieser blick
nur von hierhin nach da drüben,
dieses stückchen und zurück.

dann auf diesem schmalen pfad
solche grauen, stück für stück,
hinter glas, geschütztes leben,
dachte doch, das wäre glück.

selbstmordplan im wassertank,
doch ersaufen, das wär schwer,
(grübel) da wär noch ersticken,
messer, drogen, gift und mehr...

huch, sie sehen kindernasen
an der scheibe plattgedrückt
futternachschub schneit herunter,
blubber-blubber, sind verzückt.

gleich ist alles leid vergessen,
blubber-blubber, leckerei,
mag die fischwelt elend leiden,
wir im tank sind frank und frei...

ähnlichkeiten mit anderen gesellschaftsformen sind rein zufälliger natur

Dresi, gerade komme ich vom Klo, wo ich mich ausführlich übergeben habe. Alles musste raus, denn diese Sendung im Deutschlandfunk hat mir das Gekröse auf links gedreht! Es ging um eine Neuerscheinung. Briefwechsel zweier Vereinsmitglieder von 'Ärsche 47'. Der hingebungsvolle Voyeurismus, mit dem der Redakteur jede Regung von Paul Celans Dödel nachempfand, und das tiefe Verständnis für die Bachmann, die augenscheinlich ihre kleinbürgerliche Kunst der Brunst verdankt, die ebendieser Dödel in ihr auslöste, waren schon hart. Als dann aber Celan im O-Ton sein 'Es ist Zeit, das es Zeit wird. Es ist Zeit' verlas ("Äähs ähst Zääht, däß ähs Zääht …"), und der Redakteur sich zu einem "so ein Buch erscheint nur alle paar Jahrzehnte!" hinreissen ließ, musste ich dem schwallartigen Bedürfnis nachgeben - und zum Klo wetzen!
Darum vorab das Präsent des Tages, mit dem ihr noch vorhandene Reste der Autoren von 'Ärsche 47' anständig behandeln könnt.
Wenn das bei Euch auf berechtigte Zweifel wegen historischer Vorläufer stößt, könnt Ihr damit auch den Grill entzünden. Zu LIDL muss man aber gar nicht gehen. Meistens hat man heute doch den ein oder anderen Fisch zu Hause.
Gabriele, der Futternachschub ist sicher das, was viele vom Ende abhält. Manche Ideale sind bedeutungslos geworden (selbst auf 'Ärsche 47' wird heute …). Es wird noch eine Weile dauern, bis die zu Unrecht verteufelte PlayStation-Generation zeigt, daß sie modern und flexibel genug ist, um Neues aufzubauen. Bis dahin stimme ich Dir zu. Und schaue durch die Scheibe auf die Kindernasen.
Und kein Zweifel: noch macht diese Generation nicht alles richtig.

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