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Texte von Björn Ziegert

Sopranflöte

Das Konzert der Flötenschule fand um sechzehn Uhr statt. Im Villenviertel. Weiße Altbauten, Volvo Kombi, ein Hündchen mit roter Jacke. Nummer 34a, links die Einfahrt rein, am Haus vorbei. Hinten der Friedrich-Rittelmeyer-Saal. Im Garten.
Und dann: Töne über Töne! Zwei kniehohe Mädchen mit Schleifen in den Haaren und einer beklatschten Melodie, die aus C, D und F bestand.
Ein Damenquartett mit nervösen Blicken – drei ihrer Flöten waren gestimmt, die vierte einen Halbton drüber. Die Damen spielten schief, zuckten mit den Schultern, ließen schließlich die Instrumente sinken und riefen nach der Lehrerin. Die rauschte heran in ihrem schwingendem Kleid und den Tanzschuhen. Graue strenge Haare, Nickelbrille, gebeugter Kopf, winzig und dürr. Und suchte aufgeregt in den Noten („Jaaa, jaaa, das ist ja gar kein Problem. Gaaar kein Problem, hier … wo ist denn das jetzt …?"). Sie zeigte auf die Stelle, bei der wieder begonnen werden sollte und das Drama begann erneut.
Später ein Trio mit einem Mädchen, das im Rollstuhl saß und wohl Fehler bei ihrer Mitspielerin hörte. Strafendes Auge nach oben und langsames Kopfschütteln – mit Flöte!
Und wieder die Lehrerin mit ihrem „Sooo, jetzt spielt uns die Lisa mal den tiefsten Ton auf ihrem Instrument, sooo, jaaaah! Oooooh!“ Und das alles in den engen Reihen der Elternschar. Weit vom Ausgang und sogar weit vom nächsten Gang entfernt. Wie früher! Eingezwängt. Verdammt, die ganze Stunde – bis zur Pause – auf dem kleinen Steckstuhl auszuharren!

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