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Texte von Björn Ziegert

ES

Schwestern,
seid gewarnt! Unser alter Widersacher – DAS BILLIGE – hat mir aufgelauert und ist in Gestalt von billigen Pralinen in mich eingedrungen. Durchsucht alle Vorräte! Achtet auf die geschmacklose Verpackung! Sechs Stunden Kopfschmerzkreuzigung und schweres Brechen hat ES mir beigebracht. Am Karfreitag! Es ist DAS BILLIGE in seiner bösartigsten Form. Und Ihr wisst um unsere alte Schwäche, um die alte Anfälligkeit, um unser Familienerbe. Eine Flanke, die wir nicht zu schützen wissen, ein Siegfriedblatt an unserem bloßen – wenn auch wohlgeformten – Rücken.
Achtet auf Euch!
O.

7 Kommentare

Ich kenne da einen guten Exorzisten, der die Sparmentalität den Anheimgefallenen austreibt: Bonitas Maximus In Aeternitas;-)

Wobei ich eine kleine inhaltliche Wendung beifügen darf: es handelte sich um ein Geschenk! Aber zur Ostergeschichte:
Heute am frühen Nachmittag durfte ich mit Worten freigiebig sein. Wir waren spazieren, die Sonne schien, und die Liebste meinte, ob das Hafen2 wohl aufhätte, und schwuppdiwupp – wir auf der netten Bank direkt an der Straße, und: total leer! Die Wiese, der Laden, der Vorplatz – kaum ein Dutzend Leute mit Bedienung. Beim letzten Besuch stachen wir mitten in einen Kinderflohmarkt! Direkt auf der Wiese, sogar im Café! Klar, war schon lustig. Eva, 7 Jahre und so. Schon süß. Aber dann heute diese tosende Stille. Ostersonntag bei Sonnenschein, wer hätte diesen Frieden erwartet? Jedenfalls wir auf der Bank, trinken Kaffee und machen so'n büschen Quatsch – kommt da ein Pärchen von der Wiese, schiebt seine Fahrräder. Die beiden wollen gehen, aber die Sonne bricht noch einmal so schön heraus, und sie drehen noch einmal um (fünf Minuten dranhängen). Machen sozusagen eine elegante Schleife und präsentieren. An die Schuhe kann ich mich nicht einmal mehr erinnern, so trocken klassisch waren die; dazu graue Hosen, schwarze Wollmäntel (beide), schlicht, perfekt, schwarze Baskenmütze (beide, die guten); sie: schulterlange, glatte, weiße Haare, ein wenig streng, Sonnenbrille (dezenter 50s Schwung), ganz Dame – ernst und klug und liebevoll zugleich; er: die gleichen Haare, aber etwas wallender und noch weißer, Brille (durchsichtig), blinzelt leicht und schaut voll Freundlichkeit alle an, direkt und ohne dabei Raum zu nehmen, mit Respekt. Beide nicht groß und recht leicht. Sie setzt die Füße wie beim Ballett. Sehr angenehmes Paar, geschmackvolle Bewegungen, bewusste Gesten, höflich, einfach reizend.
Die Liebste auch ganz hingerissen. Und als die beiden dann schließlich aufbrechen, fahren sie noch einmal in voller Osterblüte an uns vorüber (ihre schwarzen Fahrräder nicht zu auffällig, schlank), er voran, und grüßt die Liebste als sei er ein väterlicher Freund der Familie – heiter und milde und voller schönem Wissen – und dann rollt sie vorbei, langsam und geschickt, wendet mir ihr Gesicht zu und lächelt fein, und fast sind sie vorüber, da sage ich laut zu ihnen: "Wir fanden beide, daß Sie ein schickes Pärchen sind."
Sie halten an, sie steigt ab, dreht sich zu uns, atmet einmal und sagt "Da weiß ich ja gar nicht, was ich sagen soll … das ist ja goldig!"
Und strahlt. Und man sieht ihr ganzes Leben.

Vielen Dank für die sehr ausführliche Schilderung ;-)
Klasse Formulierungen und sprachliche Darstellungsmittel. Du solltest das vertiefen...

Welche waren denn das? Solche mit Likör? Etwa Eierlikör?

Potztausend, das hat mir glatt für ein Vierteljahr die Sprache geraubt. Ja, Eierlikör. Kein Witz.

Oh-jeh Eierlikör! Auch noch meine Lieblingspralinen - hoffentlich erwischt es mich nicht!

Echt gut geschildert!
Daumen hoch!

Liebe Lellabella, anscheinend hat Murphy bei mir zugeschlagen. Denn Eierlikör ist in meinen Augen eigentlich nicht verzehrwürdig. Kann mich gut an den Geruch der gelben zähflüssigen Masse erinnern, wie er aus dem Gläschen meiner Großmutter zu mir herüberwaberte ("Ach, herrlich! Und schau die schöne Farbe, wenn ich das cristallo in die Sonne halte!"). Mir hat diese Pulpa nie Freude bereitet, und obwohl hier im Küchenschrank ausschließlich billiges Industrie Pressglas steht, glaube ich nicht an einen psychologischen Hintergrund. Eierlikör schmeckt einfach nicht.
Die Praline war meine erste Pulpa seit zehn oder zwanzig Jahren. Und natürlich ging es sofort schief. Es war die Rache der Großmutter.

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