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Texte von Björn Ziegert

Juli 2007

Alle Texte aus dem „Juli 2007“.

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Bald vorbei

In der Bahn gleich vor mir
noch zwei freie Plätze
Ein altes Paar, er deutet ihr
auf das sie sich setze

Doch mitten in den höflichen Schein
stellt er seine Tasche hinein
zwischen sich und seine Frau
so übertrieben genau

Er beginnt zu lesen
als wäre nichts gewesen
Sie scheint daran gewöhnt zu sein
und bleibt neben der Tasche allein

Hält meinen Blick nicht aus
Schaut trübe zum Fenster hinaus
Wartet voller Geduld
Riecht nach Schuld

Sie denkt ein Messer
mache Blut in die Betten
Wäre wohl besser
sie schlucke Tabletten

Erschrickt dann als hätte sie etwas verbrochen
bei dem Kommando „Wir steigen jetzt um!“
Ich geb´ ihr höchstens ein paar Wochen
– dann ist sie stumm

"Ekdahl, jedes Mal!"

Ekdahl wohnt beim Tierheim im Dachgeschoss
Ich fuhr zu ihm und wir tranken
Später waren wir am zanken
und ich weiß noch, daß ich Wodka vergoss

Am Morgen erst bin ich aufgewacht
ein paar Hunde um mich herum
Gitter und Linoleum
und wie laut diese Viecher bellten
und dann die Polizisten, die Fragen stellten
Ekdahl hat später sehr gelacht

Eben war ich in der Küche beim Kuchen
und musste wieder tüchtig fluchen
Die Racker fressen den Apfelstrudel
Immerhin keine Anzeige (dafür drei Pudel)

Liebelei

Man kann sich an das Stöhnen
des nächtens schon gewöhnen
Die Fenster liegen hier sehr dicht
und die Jungs und Mädels stört es nicht
daß sie einander übertönen:
In Barmbek übt man kein’ Verzicht

Nur wenn unser Nachbar ganz ungeniert
über den Hof auf die andere Seite stiert
„Ich hör’ dich genau, du alte Sau!“
und „Das war vorher meine Frau!“
dann wird uns die Sache zu kompliziert
und wir machen selber Radau

Wenn sie groß sind

Auch die Kinder werden einmal krank
und sitzen im Park auf einer Bank

Die lange Ehe mit einem Schwein
Gebrochene Knochen auf dem Gang im Heim

Sie sind dann alt
im Auge trübe Schlieren
die Hände kalt
sie frieren

Und all das ist das Leben
das wir ihnen geben

Backwerk, wenig

„Ich bring’ Dir ’was mit! Johannisbeerkuchen!“
Und ich solle sie vom Zug abholen
und auch mal Blumen („Gladiolen!“)
Sie war in Schwaben ihre Eltern besuchen

Jetzt steht sie da mit Krümeln am Mund
„Ist so schön Dich wiederzusehen!“
Das mit dem Kuchen müsse ich verstehen
und sei ja auch so ungesund

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